Lesen & Schreiben: Die Sinneskanäle

Gastbeitrag von “Schule sorglos”-Coach Ute Heidorn

Wir unterscheiden drei verschiedene Sinneseingangskanäle, die in der Fachliteratur auch “Repräsentationsebenen” genannt werden:

  • Den auditiven Kanal – was wir hören und über das Hören verarbeiten können
  • Den visuellen Kanal – was wir sehen und sehend verarbeiten können
  • Den kinästhetischen oder haptischen Kanal – was wir fühlen, riechen und tasten können.

Wir können wir jetzt feststellen, welches der bevorzugte Sinneskanal ist?

Als Beispiel analysieren wir einen frei geschriebenen Text wie zum Beispiel einen Brief oder ein Referat. In Texten, die sie frei formulieren, verwenden Menschen bevorzugt Begriffe, die ihrem Lieblingssinneseingangskanal entsprechen. Diese kann man in dem Text suchen und erhält dann Hinweise auf diesen Sinneskanal.

Begriffe aus der

  • eher visuellen Ebene sind z.B.: klar, sehen, zeigen, darstellen, konstruieren, hell, dunkel, farbig, groß, klein, beobachten, Aussicht, Bild, Licht, Farbe, Blitz, fokussieren, Spektrum . . .
  • eher auditiven Ebene sind z.B.: hören, erzählen, schreien, fragen, sagen, singen, pfeifen, laut, leise, husten, kreischen, quietschen, betonen, Tonfall, Schall, Lärm, Musik, Stimme, rauschen, knistern, verstehen . . .
  • eher kinästhetischen Ebene sind z.B.: fühlen, begreifen, auseinandersetzen, zusammenfassen, zusammenfügen, schreiben, anfassen, schlagen, drücken, warm, kalt, trocken, feucht, weich, hart, stumpf, spitzig, grob, tasten, tappen, kitzeln, liegen, hinweisen, spüren . . .

Eine andere Möglichkeit ist es, die Augenbewegung des Menschen gegenüber bei Reaktionen auf Fragen zu beobachten. Diese Technik  stammt aus dem NeuroLinguistischen Programmieren (NLP). Fragen nach einer Tätigkeit am Vortag oder z.B. nach einer schönen Erinnerung an den letzte Urlaub lassen die Menschen  entweder zunächst in ihrer Erinnerung

  • in Bildern suchen (visueller Sinneskanal), dann bewegen sich die Augen kurz nach oben
  • nach Geräuschen, Gesprächen usw. suchen (auditiver Sinneskanal), dann bewegen sich die Augen nach links oder rechts
  • nach kinästhetischen Erinnerungen suchen, wie zum Beispiel nach Gefühlen, haptischen Erfahrungen, Geschmackserinnerungen oder auch Gerüchen, dann bewegen sich die Augen nach unten

So kann man  erste Anhaltspunkte auf momentan bevorzugte Sinneskanäle erhalten.

Eine Bewertung unterschiedlicher Lernarten, Schwerpunkte usw. ist nicht nötig. Wichtig ist vielmehr ein entsprechendes Angebot an Lern- und Lehrmaterialien. Wenn ich nicht weiß, welchen Sinneskanal mein Gegenüber bevorzugt (weil mir z.B. eine ganze Klasse Schüler gegenüber sitzt), sollte das Angebot an Lernmaterialien bunt gemischt sein, um alle Sinneskanäle anzusprechen. Das ist nicht immer ganz leicht, der Aufwand lohnt sich aber.

In der Schule wird z.B. vieles auf der akustischen Ebene (Sprache) vermittelt, aber auf der optischen Ebene als geschriebener Text wieder abgefragt. Damit bekommen viele Schüler Schwierigkeiten. Ein gutes Beispiel dafür ist der Rechtschreibunterricht. Rechtschreibregeln werden als abstrakte Regeln und sehr häufig mündlich unterrichtet. Abgefragt und benotet werden sie aber in der schriftlichen Umsetzung im Diktat.

Zur Umsetzung ein praktisches Beispiel.

Ein Schulkind soll ein Wort lernen. Das Wort heißt Butterbrot. Jetzt gibt es drei Zugangswege, die ich alle drei benutze:

  • Ich lasse das Wort auf eine Karte schreiben, versehe diese mit einem Bild und Silbenbögen und automatisiere das Wort.
  • Ich lasse das Wort in Silben zerlegen und klatschen.
  • Außerdem hüpft das Kind zu jeder Silbe. Anschließend essen wir gemeinsam, ein Stück Butterbrot (wirklich, keine  Milchschnitte oder so etwas nehmen, es muss dann ein Brot mit Butter sein!).